Brauchen Babies Kuhmilch?

Welche Milch ist am besten? Dies ist ein Thema, nach dem ich immer wieder gefragt werde. Es war auch eine der Frage, die mich mit meiner Tochter am meisten beschäftigt hat. Im Gegensatz zu dem, was wir seit Jahrzehnten hören, brauchen Kinder keine Kuhmilch, um zu gedeihen. Egal, ob das Kind eine Unverträglichkeit gegenüber Kuhmilch hat oder Milch nicht zur Ernährungsroutine der Familie passt. Babies kann man mit und ohne Kuhmilch ernähren – solange man die für die Milch typischen Nährstoffe bereitstellt.

Welche Milch ab wann?

Die Leitlinie empfiehlt ausschließliches Stillen bzw. die Gabe von Säuglingsmilch für die ersten 6 Lebensmonate. Wenn das Stillen nicht funktioniert oder du dich dagegen entscheidest, ist Säuglingsanfangsnahrung die einzig geeignete Alternative zur Muttermilch und sollte die einzige Nahrungsquelle für dein Baby in den ersten 6 Monaten sein.

Zwischen 6- 12 Monaten kann Kuhmilch (Ich beziehe mich auf Kuhmilch, da dies die Hauptquelle tierischer Milch bei uns darstellt) mit anderen Lebensmitteln schrittweise integriert werden, indem sie zum Kochen verwendet werden. Muttermilch oder Säuglingsnahrung sollte im ersten Lebensjahr weiterhin das Hauptgetränk des Babys sein.

Zwischen 12 – 24 Monaten kann Kuhmilch und pflanzliche Alternativen als Getränk eingeführt werden. Gleichzeitig wird das Kind ab dem 1. Jahr beginnen, größere und regelmäßigere feste Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Sie übernehmen von jetzt an den größten Teil der Nahrung anstatt die Säuglingsmilch.

Kuhmilch liefert viele kritischen Nährstoffe für das Wachstum

Kuhmilch ist ein Lieferant für Energie, Calcium, Protein und Vitamine, Jod. Als Quelle für vollständiges Protein liefert Milch alle essentiellen Aminosäuren (Eiweißbausteine), die für das Wachstum und die Reparatur unserer Zellen wichtig sind. Der Körper kann die Proteine der Milch sehr effizient nutzen. Zudem ist Milch eine gute Kalziumquelle (normalerweise 120 mg/100 ml), aber sie ist auch eine wichtige Quelle für einige andere Vitamine und Mineralstoffe, wie Riboflavin (Vitamin B2), Vitamin B12 und Jod.

Es geht also bei den Empfehlungen zum Milchverzehr nicht um die Milch per se, sondern darum den täglichen Bedarf dieser für das Wachstum kritischen Nährstoffe zu decken. Dies geschieht bei uns traditionell durch Kuhmilch.

 

Calcium:

Studien zeigen, dass ca 75% der Calciumaufnahme bei 18 Monate alten Kleinkindern in Mitteleuropa durch Milch und Milchprodukte gedeckt wird. Für mich ist die Calcium Aufnahme der Knackpunkt bei der Kuhmilchfrage: Während Calcium theoretisch durch Lebensmittel gedeckt werden kann, ist es bei den Verzehrportionen eines Kleinkindes schwierig aus alternativen Quellen ausreichend Calcium aufzunehmen. Ohne Milch auf dem Speiseplant müsste auf calciumreiche ganze Lebensmittel wie Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte und Sojaprodukte gesetzt werden. Zudem müsste auch angereicherte Pflanzenmilch in Betracht gezogen werden, um überhaupt die empfohlene tägliche Menge aufnehmen zu können.

Empfohlene tägliche Mengen an Calcium: 

Alter

Calcium Menge mg/Tag

0-4 Monate

220

4-12 Monate

330

1-4 Jahre

600

Calcium und Vitamin D für die Knochenentwicklung

Milch ist berühmt für ihre wichtige Rolle für das Wachstum starker Knochen. Studien zeigen, dass Milch einen positiven Effekt auf Knochengesundheit und Mineralisierung des Knochens hat. Diese Effekte sind wahrscheinlich auf die Eigenschaften der Milch – also Nährstoffe wie Calcium– zurückzuführen.

Starke Knochen hängen von einer Kombination von Faktoren ab – adäquate Nährstoffversorgung aus der Ernährung (Calcium, Vitamin D und K als essentielle Nährstoffe) und Bewegung sind von größter Bedeutung. Kinder brauchen jedoch nicht unbedingt Kuhmilch, um die für den Aufbau gesunder Knochen erforderlichen Nährstoffe zu erhalten. Allerdings muss die Ernährung so weit geplant sein, dass die kritischen Nährstoffe der Milch, aus anderen Quellen aufgenommen wird – dazu später mehr.

Kuhmilch enthält von Natur aus nur Spuren von Vitamin D (ca. 0.09 Mikrogramm pro 100g). Milch auf pflanzlicher Basis ist oftmals mit Vitamin D angereichert (variiert nach Hersteller, z.B. 1.1 Mikrogramm pro 100g), da es für die Kalziumaufnahme wichtig ist und die Aufnahme bei milchfreier oder veganer Ernährung gering sein kann. Eine ausreichende Vitamin D Versorgung soll im ersten Jahr durch ein Supplement sichergestellt werden.

Milch als Jodquelle

Kuhmilch ist eine Hauptquelle für Jod bei den 1,5- bis 3-Jährigen und deckt mehr als die Hälfte der täglichen Jodzufuhr. Milch und Milchprodukte enthalten Jod, da das Tierfutter damit angereichert wird. Generell schwankt der Jodgehalt in Milch und es gibt Hinweise darauf, dass der Jodgehalt in Bio-Milch deutlich niedriger ist als in konventioneller Kuhmilch (fast um 35-40 % weniger).

Für Kleinkinder, die keine Milchprodukte zu sich nehmen, besteht die Gefahr einer zu geringen Aufnahme (insbesondere, wenn auch kein Fisch gegessen wird). Milch auf pflanzlicher Basis wird nicht standardmäßig mit Jod angereichert – das Etikett checken lohnt sich also.

Die Empfehlung von 200ml Kuhmilch pro Tag ab dem 6. Monat

Ab dem 6. Lebensmonat soll laut deutschen Fachgesellschaften täglich 200ml Vollmilch für Müsli und zum Kochen (z.B. Milch-Getreide Brei) verwendet werden, da es als Nährstofflieferant für Calcium, Protein, Jod und B Vitamine gilt. Der Hauptgrund für eine restriktive Einführung von Kuhmilch ist die Vermeidung eines Eisenmangels, da Kuhmilch Eisen arm ist. Andererseits können sich nachteilige Wirkungen, u. a. auf die Eisenaufnahme aus anderen Lebensmitteln im Darm ergeben. Manche Studien weisen zudem darauf hin, dass das frühe Einführen von Kuhmilch mikroskopische Blutungen der Darmschleimhaut hervorrufen kann – ebenfalls nachteilig für den Status der Eisenversorgung. Allerdings kann dieser Effekt nach einem Alter von 9 Monaten nicht mehr nachgewiesen werden. Ein weiterer Gesichtspunkt für die Einführung von Milch als Getränk erst ab einem Jahr ist, dass eine hohe Proteinzufuhr durch Milch gegen Ende des 1. Lebensjahres mit einem höheren Risiko für Übergewicht im Alter von 7 Jahren assoziiert ist. Für das „Trinken“ von Milch eignet sich bis dahin nur Brustmilch und Säuglingsnahrung.

Kuhmilchfrei? Alternativen zu Kuhmilch

Bei allen Überlegungen steht die Nährstoffversorgung, insbesondere von Calcium und Jod im Vordergrund, da diese Nährstoffe nur in einer begrenzten Menge anderer Lebensmitteln zu finden ist!

In jüngster Zeit haben ein erhöhtes Bewusstsein für Kuhmilchproteinallergie (CMPA betrifft ca. 2% der Kinder) und -unverträglichkeit sowie vegane Ernährungsgewohnheiten Eltern dazu veranlasst, pflanzliche Kuhmilchersatzprodukte für Kinder zu wählen. Viele dieser Milchalternativen entsprechen jedoch nicht unbedingt den Ernährungsbedürfnissen von Säuglingen und Kleinkindern.

Mehr zu Alternativen zur Kuhmilch für Babies

Mein Fazit für deine Entscheidung:

  • Gedanken machen lohnt sich: Calcium, Vitamin D und Jod sind kritisch für das Gedeihen von Kleinkindern.
  • Sich an Kuhmilch zu orientieren, ist ein einfacher Weg der Nährstoffversorgung. Die kritischen Nährstoffe können aber auch anders gedeckt werden.
  • Bei Pflanzenmilch kommen ab 6 Monate nur angereicherte Soja- und Erbsenmilch als Nährwertäquivalent in Frage.
  • Am besten bei veganer Ernährung lange Stillen oder Säuglingsmilch verwenden, um Calcium, Jod und andere kritische Nährstoffe zu decken.
  • Wenn du dir unsicher bist, ob dein Kind ausreichend versorgt ist, spricht mit einer qualifizierten Ernährungsfachkraft darüber.